Die Wahl der richtigen Sorte entscheidet

 

Viele Obstbauer behaupten mit Recht, dass die Sortenwahl der erste und wichtigste Schritt zum Erfolg ist.

Standortbedingungen

Vor der Beschaffung eines Baumes muss man sich deshalb ber die Standortbedingungen im Klaren sein.

Fragen über Fragen und niemand kann sie in einem Satz beantworten...

Wenn man hier einen groben Fehler macht, bleiben alle weiteren Anstrengungen erfolglos. Auch wenn der frisch gepflanzte Baum vorerst einen gesunden Eindruck macht, kann die Qualität oder das Aroma der Früchte unbefriedigend sein. Über das Mikroklima auf dem Grundstück weiß man oftmals nur wenig, aber man kann bewusst beobachten. Vorhandene Pflanzen und physikalische Vorgänge können als Indikatoren genutzt werden.

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Indikatoren:

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Lösungen und Tricks:

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Verwertung

Bevor man eine Sortenliste zur Auswahl hinzuzieht, sollte man sich über die Verwertung des Obstes im Klaren sein: es gibt gutes Tafel- Most- Brenn- Dörr- und/oder Backobst. Möchte man eine Fruchtfolge über einen längeren Zeitraum?

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Was ist mit "Supermarktsorten"?

Viele Hobbyobstbauer versuchen den Anbau von Sorten, deren Früchte sie aus dem Supermarkt kennen. Diese Sorten sind jedoch anspruchsvoll an Klima und Standort und demzufolge anfällig für viele Krankheiten. Im Erwerbsobstbau beschäftigen sich damit Fachleute, die Boden und Standort bestens kennen und regelmig auf Laboruntersuchungen zurckgreifen. Sie können bei geringsten Anzeichen von Krankheit oder Mangel sofort Gegenmanahmen ergreifen, indem sie bedarfsgerecht düngen und spritzen. Wollen die Hobbygärtner das Gleiche tun? In den Schrebergärten wird manchmal übertrieben: Die Menge der ausgebrachten synthetischen Mittel pro Flächeneinheit ist hier viel größer als im Erwerbsobstbau!

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Oder doch eher die Sorten der Großeltern?

Es gibt altbekannte und über Jahrhunderte bewährte Sorten, deren Früchte jeden Anspruch erfüllen, ohne dass man mit dem Baum verzweifelt. In diesem Sinne überlasse ich die Supermarktsorten gerne den Erwerbsobstbauern und kümmere mich lieber um die Sorten unserer Großeltern. So bescheiden waren die Menschen früher gar nicht, denn es gibt Sorten aus der Feinschmeckerzeit vergangener Epochen und sehr gute Sortenbeschreibungen aus jener Zeit.

Die Bezeichnungen vieler Sorten wie Königlicher Kurzstiel, Kaiser Wilhelm, Leipziger Reinette (Reinette = franz. Prinzessin) geben Hinweise auf den Stellenwert des Obstes und über den gesellschaftlichen Rang der ersten Konsumenten. Man darf ruhig annehmen, dass die Geschmackssinne der damaligen Experten ein wenig verwöhnt waren, weiß man doch genau, dass viele traditionelle Sorten in Klostergärten und fürstlichen Gartenanlagen entdeckt oder ausselektiert wurden. Warum sollen die Früchte dieser Sorten heute nicht mehr gut sein? Das äußerliche Erscheinungsbild der einzelnen Früchte ist bestimmt nicht entscheidend.

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Große Auswahl je Standort, Krankheitsanfälligkeit, Aroma ...

Bei Obstgehölzsammelbestellungen durch den Obst- und Gartenbauverein empfehle ich den Interessenten meistens spätblühende, robuste und anspruchslose Befruchtersorten. Es gibt Sorten, deren Obst man bei der Ernte in der Küche oder zur Saftherstellung direkt verwerten- und nach einigen Wochen Lagerung als hervorragendes Tafelobst genießen kann. Wenn dann noch Zucker-Säure-Verhältnis und Lagerfähigkeit der Frucht zufriedenstellend sind, und der Baum anspruchslos und robust ist, hat man einen Volltreffer gelandet.

Die Sorte Weißer Matapfel z.B. vereint wunderbare Merkmale:

Bei der Nennung der Sorten Brettacher Sämling, Roter Bellefleur, Edelborsdorfer und Korbiniansapfel (um nur einige aufzuzählen) sollte man aus Hochachtung vor der Natur und den Züchtern/Entdeckern stramm stehen! Gleiches gilt auch für viele Sorten anderer Obstarten.

Weißer Winterkalvill, Goldparmäne und Cox Orange sind nichts für Anfänger!

Auf nassem, schwerem und verdichtetem Boden und kaltem Standort bekommen fast alle Sorten Krebs. Auf warmem Standort und trockenem Boden ist immer mit (Vorernte) Fruchtfall und Mehltau zu rechnen.

Manche Sorten brauchen einen windgeschützten Standort wie z.B. Goldrenette von Blehnheim.

Bei früh blühenden Sorten muss man mit Verlusten durch Spätfröste rechnen.

Spät blühende Sorten könnten anfällig für Feuerbrand sein, da sie bei genügend hohen Temperaturen und mit hoher Luftfeuchtigkeit kombiniert blühen und somit den Erregern optimale Bedingungen bieten.

Wärmeliebende Sorten liefern Obst von schlechter Qualität (schmeckt grasig), wenn sie auf einem kalten Standort stehen. Andererseits gibt es Aromaverluste bei Sorten, die raues Klima bevorzugen, aber auf einem warmen Standort stehen. Der Misserfolg ist vorprogrammiert wenn z. B. die Sorten Danziger Kant und Antonovka auf warmem Standort bzw. die Sorten Brettacher Sämling, Jonathan und Königlicher Kurzstiel auf kaltem Standort stehen.

Die Krankheitsanfälligkeit des Baumes hängt wesentlich vom Ernährungszustand und von der Verträglichkeit zum Standort ab. Es gibt kein Patentrezept für den garantierten Erfolg, man sollte sich aber ein wenig orientieren.

Manche Menschen bevorzugen ein zartes Aroma, andere wiederum ein sehr intensives.

Manche Konsumenten wollen Äpfel mit Muskat-, Zimt-, Nuss-, Himbeeren- oder Bananengeschmack, andere aber Äpfel mit Apfelgeschmack! Zusätzlich soll das Obst süß, sauer oder süß-suerlich sein! Hinzu kommen Fragen zur Festigkeit und zum Saftgehalt. Wir kennen nicht unverhofft über tausend Apfelsorten in Deutschland, denn jede Sorte hat ihre Vorzüge und dadurch ihre Liebhaber gefunden. Weltweit sind etwa zwanzigtausend Apfelsorten bekannt.

Die sortentypische Aromabildung ist aber auch von der Ernährung des Baumes und der Lage abhängig! Das kräftigste Aroma bilden spätreifende Sorten, deren Früchte im Herbst großen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind. Die Weinbauer haben sich schöne Worte zur Beschreibung ihrer Erzeugnisse zurechgelegt. Mit dem Obst und dem Aroma der Früchte könnte man genauso werben.

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Lokalsorten

Lokalsorten können wunderbare Merkmale haben, sie sind aber nicht so bekannt.

Wenn man auf dem neu erworbenen Standort oder in der unmittelbaren Nähe einen sehr alten und relativ gesunden Baum (Schäden durch Vernachlässigung müssen ignoriert werden) mit wohlschmeckendem Obst vorfindet, sollte man sich über die Sorte überhaupt keine Gedanken machen. Es gibt Baumschulen welche die Edelreiser des Kunden auf die gewünschte Unterlage (Halb-, Hochstamm oder Busch) veredeln. So kann man Bäume nachzüchten, wobei man davon ausgehen kann, dass ihre Anpassung an den Standort optimal ist.

(Ich habe mich in diesem Beitrag hauptschlich auf Apfelsorten bezogen, da der Apfelbaum der zuverlässigste Obstlieferant in unserer Klimazone ist und kein Obst so vielseitig verwertbar ist wie die Apfelfrucht.)

 

Mit freundlicher Genehmigung des OLV Organischer Landbau Verlag Kurt Walter Lau aus "Obstgartenhandbuch für Selbstversorger", ISBN 978-3-922201-89-2

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