Zeitpunkt
Der beste Zeitpunkt für das Pflanzen der Obstbäume ist der Spätherbst. Der Vorteil besteht darin, dass die Wurzeln bis zum Frühjahr anwachsen können. Bei gefrorenem Boden sollte man nicht pflanzen!
Abstand zur Grundstücksgrenze
Bevor man sich um irgendwelche Paragraphen kümmert, ist es ratsam sich wegen der Höhe und Größe der zu erwartenden Baumkrone Gedanken zu machen. Der Abstand sollte so gewählt werden, dass man den Baum immer ohne Betreten des Nachbargrundstückes pflegen (Gehölzschnitt, Fruchtausdünnen, usw.) und beernten kann.
Beim Sprühen muss man die Windrichtung beachten, da der Nachbar mit der Maßnahme, aus Unkenntnis selbst beim Einsatz biologischer Mittel, nicht ganz einverstanden sein könnte.
Es ist so schon vorgekommen, dass durch solch eine Aktion Schäden auf dem Nachbargrundstck (Dillpflänzchen mit Brennesselsud versengt) entstanden sind.
Pflanzloch
Das Pflanzen von Obstbäumen kann im Spätherbst zur Schlammschlacht werden.
Deshalb sollte man das Pflanzloch schon vorher ausheben. Es ist ausreichend, wenn es zweimal so groß wie das Volumen der Baumwurzel und ausreichend tief ist. Wenn die Erde ausgesprochen sandig ist, sollte man Lehm oder Tonerde einarbeiten. Dadurch wird später mehr Feuchtigkeit gebunden.
Umgekehrt, wenn die Erde lehmig oder verfestigt ist, kann man sie mit Sand auflockern. Große Steine und vorgefundene Wurzeln entfernt man am besten. Wenn vorher an selber Stelle ein Baum gestanden hat, darf man niemals Kernobst nach Kernobst (z.B. Apfelbaum nach Apfel- oder Birnbaum) nachpflanzen. Gleiches gilt natürlich auch für Steinobst.
Viele Buchautoren begründen diese Regel mit Bodenmüdigkeit, andere vermuten Fäulniserreger durch verbliebene und abgestorbene Feinwurzeln oder langjährige Abscheidungen durch die Wurzeln des vorherigen Baumes.
Wer über die Qualität des Bodens im Zweifel ist oder besonders anspruchsvolle Sorten ziehen möchte, sollte die Pflanzstelle schon lange vorher bearbeiten und den Boden mit der Anzucht von Kartoffeln, Gründünger oder anderen Kulturen locker halten bzw. das Bodenleben fördern.
Dünger im Pflanzloch
Es wird manchmal in Broschüren und Faltblättern empfohlen, (Stall)Dünger, Kompost(erde) oder anderes organisches Material in das Pflanzloch einzuarbeiten. Tun Sie das bitte nicht. Das organische Material könnte unter Luftabschluss faulen und die Wurzel darunter leiden. Wenn sie gegen Fäulnis ausreichend widerstandsfähig ist, dann verwirbeln sich die Wurzeltriebe in dem fauligen und lockeren Bereich und dringen nicht sternförmig in das feste Erdreich vor. Die Folge nennt man Blumentopfeffekt. Die Krone des Bäumchens könnte sich in der Anfangsphase - zur Freude des Gärtners - hervorragend entwickeln, aber die Wurzeln bekommen keine feste Verbindung zum Erdreich und die solide Verankerung bleibt aus.
Es ist in jedem Falle besser, wenn Dünger und Kompost auf die Baumscheibe gesträut werden und die Nährstoffe vom Wasser in das Erdreich geschwemmt werden. Bei Trockenheit bleibt der Dünger an der Oberfläche liegen und wartet auf den nächsten Regen- oder Wasserguss. Eine Überdüngung ist somit unwahrscheinlich, schon deswegen weil der Gärtner den Überblick über die ausgebrachte Menge besser behlt.
Lagerung des Pflanzgutes und Vorbereitung der Wurzel
Wenn man keine Zeit für ein sofortiges Pflanzen hat oder das Wetter nicht geeignet ist, muss man die Wurzel in die Erde einschlagen. In einem Kübel mit Wasser darf man sie nur sehr kurze Zeit aufbewahren, weil sie faulen könnte. Man sollte in jedem Falle sicherstellen, dass die Wurzeln nicht vertrocknen oder unter Frost leiden. Die Lagerung in einem warmen Raum (Garage, Keller, usw.) könnte den Austrieb anregen, was im Spätherbst nicht ganz im Sinne der Natur ist.
Der Pflanzvorgang beginnt mit der Behandlung der Wurzeln. Mit der Fingerspitze kann man schonend den Grad der Festigkeit jeder einzelnen Wurzel überprüfen. Verletzte oder angebrochene Wurzelstücke sollte man kompromisslos entfernen, indem man bis in das feste Holz zurückschneidet. Die rohen Schnittwunden sollte man nicht mit den fettigen Fingern berühren! Verletzte Wurzelspitzen sollte man nur ganz wenig anschneiden. Wenn man hier totes Holz vorfindet - man kann es an der dunkelbraunen Farbe der Schnittfläche erkennen - und die befallene Wurzel nicht bis in das gesunde Holz zurckschneiden kann, so sollte man das Bäumchen zurückgeben. Gleiches gilt beim Vorfinden von Wucherungen und Verdickungen. Die frischen Schnittflächen müssen gleichmäßig gefärbt (gelb bis hellbraun) aussehen.
Wenn die Wurzeln vorwiegend aus fingerdicken Trieben bestehen, so kann man davon ausgehen, dass der Austrieb in der nächsten Vegetationsperiode bescheiden sein wird.
Diese Wurzeln müssen zuerst Feinwurzeln zur Nahrungsaufnahme bilden.
Wenn Feinwurzeln in ausreichender Zahl vorhanden sind, führt das zu einer besseren Nahrungsaufnahme und der Austrieb wird im ersten Vegetationsjahr kräftiger ausfallen.
Pflanzung
Die Erde sollte so in das Pflanzloch eingefüllt werden, dass die Erdschichten so wenig wie möglich durcheinander gemischt werden und wieder an ihre alte Stelle kommen. Es reicht aus wenn man zwei getrennte Erdschichten berücksichtigt. Der Grund dafür liegt in der Spezialisierung der mikroskopisch kleinen Bodenlebewesen: Manche brauchen mehr Luft und vertragen sehr gut Temperaturschwankungen, andere brauchen weniger Sauerstoff, vertragen aber weder Trockenheit noch Temperaturschwankungen (Abbau- und Aufbauschicht dürfen nicht vermischt werden). Das Bäumchen sollte während dem Zuschütten des Pflanzloches leicht gerüttelt und die Erde wurzelschonend festgetreten werden.
Der Veredelungsknoten darf keinesfalls so tief positioniert sein, dass er mit Erde in Kontakt kommen könnte. Sicherheitshalber kann man einen geraden Stab oder Werkzeugstiel quer ber das Pflanzloch legen und sich danach orientieren.
Dies gilt besonders bei Buschbäumchen. Wenn die aufveredelte Edelsorte Bodenkontakt bekommt und eigene Wurzeln schlägt, dann kann daraus ein Riese werden, der kaum in seinem Wachstum zu bremsen ist. Auerdem könnte die Rinde der Edelsorte für verschiedene, durch feuchtes Erdreich begünstigte, Krankheiten anfällig sein und somit zu Schaden kommen. Manchmal ist der Veredlungsknoten beim Kauf noch nicht zugewachsen.
Direkter Bodenkontakt könnte hier fatale Folgen haben. Die Wurzeln wachsen sowieso nach unten und sollten nur so tief in den Boden gesetzt werden, wie sie vorher in der Baumschule waren. Das spätere Absacken des lockeren Bodens muss berücksichtigt werden.
Gießen
Beim Zuschütten des Pflanzloches muss man Wasser in das teilweise gefüllte Pflanzloch gießen, auch wenn es regnet! Dadurch wird die Wurzel besser mit der Erde in Verbindung gebracht. Im ersten Sommer nach der Verpflanzung ist das Bäumchen besonders anfällig für Mangelerscheinungen. Darum sollte man die Wurzel stetig feucht halten. Ich gieße im ersten Vegetationsjahr einmal wöchentlich ca. 10 Liter Wasser pro Quadratmeter. Man muss aber im Hinterkopf behalten, dass mit jedem Wasserguss Nährstoffe weggeschwemmt werden.
Von langanhaltendem Regen sollte man sich nicht beirren lassen: die Wassermengen sind dabei oftmals verschwindend gering. Ab Mitte September gieße ich nicht mehr.
Im zweiten Vegetationsjahr kann man das Gießen etwas lockerer angehen, bei langanhaltender Hitze und Trockenheit muss man aber kompromisslos eingreifen.
Containerpflanzen
Sie bieten den Vorteil, dass man zu jeder Jahreszeit pflanzen kann. Bei der Lagerung über mehrere Tage sollte man darauf achten, dass das Wurzelgefäß nicht in der Sonne steht beziehungsweise strengem Frost ausgesetzt ist. Die Wurzeln könnten durch Vertrocknen beziehungsweise Erfrieren zu Schaden kommen. Beim Entfernen des Topfes kann man in vielen Fällen die Folgen des Blumentopfeffektes leicht erkennen: Die Wurzeln sind darin spiralfrmig gedreht weil sie sich in dem kleinen Gefäß nicht sternförmig ausbreiten konnten. Wenn diese Wurzeln nach Jahren armdick werden (das sollen sie ja auch), verdichtet sich die Spirale und der Baum könnte darunter leiden oder im Wachstum stehen bleiben.
Das Wurzelgeflecht durchtrenne ich mit einem scharfen Messer seitlich an drei bis vier Stellen etwa einen Zentimeter tief oder reiße es mit einem spitzen Gegenstand auf, wenn das Material noch nicht stark verholzt ist. Das bewirkt einen Neuaustrieb der Wurzeln nach außen.
Ich bevorzuge wurzelnacktes Pflanzgut, da das Risiko einer gedrehten Wurzel entfällt und ich die nackten Wurzeln vor der Pflanzung selbst begutachten kann. Für die langfristige Entwicklung des Baumes spielt der Zeitpunkt der Pflanzung sowieso keine Rolle.
Pflanzschnitt
Das Ungleichgewicht zwischen der Krone und der durch das Verpflanzen brutal gekürzten Wurzel ist offensichtlich. Daher muss die Krone zurückgeschnitten werden. Das ist aber ein Kapitel für sich.
Mit freundlicher Genehmigung des OLV Organischer Landbau Verlag Kurt Walter Lau aus "Obstgartenhandbuch für Selbstversorger", ISBN 978-3-922201-89-2